455. Des Kaisers neue Kleider

Des Kaisers neue Kleider

Der eitle Kaiser war begeistert. Die beiden Schneider, die gerade in die Hauptstadt seines Reiches gekommen waren, schwärmten ihm von den neuesten Stoffen, Mustern und Schnitten vor, die der Mann von Welt heutzutage tragen sollte. Als kleinen Nebeneffekt, würden sie jedem unsichtbar erscheinen, der nicht intelligent genug für sie war.
Der Kaiser war wollte unbedingt neue Kleider aus eben diesen Stoffen besitzen. So konnte er schon bald feststellen, wer von seinen Vertrauten und Bediensteten schlau war und wer nicht.
Die Schneider legten sich ins Zeug, arbeiteten Tag und Nacht, bis der bestürzte Kaiser, für ihn nicht sichtbare Kleider anlegte und damit durch die Straßen flanierte.
Es verunsicherte ihn, dass alle Welt die Schnitte sehen konnte, nur er nicht. Erst ein kleines Kind stellte laut fest, dass er nackt war.
»Tja!«, antwortete der Kaiser schnippisch. »Adamskostüm muss man auch erstmal tragen können.«

(c) 2021, Marco Wittler

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