Fütterungszeit
Elena warf einen Blick auf die Uhr. Es war sechs Uhr am Abend. Es wurde Zeit, für das tägliche Ritual.
Sie trat an Fenster, klopfte drei Mal mit dem Fingernagel leise dagegen und öffnete es. Sie füllte eine kleine Schale mit verschiedenen Körnern, stellte sie auf die äußere Fensterbank und wartete ab.
Nur Sekunden später flatterte einer von zwei Vögeln vom gegenüber stehenden Baum herbei, setzte sich vor das Fenster und begann, das Futter zu fressen. Immer wieder sah er dabei zu dem Mädchen hinauf, bis er nach ein paar Minuten gesättigt verschwand.
Elena war glücklich und schloss das Fenster. Sie hatte dem wilden Vogel in den letzten Monaten zeigen können, wie sehr er ihr vertrauen konnte.
Der Vogel, der sich mittlerweile neben einem Artgenossen niedergelassen hatte, lachte. »Siehst du? Ich habe es dir doch gesagt. Ich habe dieses Menschenkind in den letzten Monaten so gut dressiert, dass es mir täglich Futter gibt. Jetzt muss ich mich nicht mehr selbst darum kümmern.«
(c) 2022, Marco Wittler
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