Die Nacht des Werwolfs
Er machte sich auf den Weg nach Draußen. Heute Nacht würde es endlich wieder so weit sein. Mit dem Aufgang des Vollmonds würde es sich in den überall gefürchteten Werwolf verwandeln und den Menschen in der Stadt Angst und Schrecken bereiten.
Der erste Lichtstrahl schoss über den Horizont hinweg. Der Moment war gekommen. Er riss sich das Hemd vom Leibe, wartete darauf, sich unter wohligen Schmerzen zu verkrümmen, das Wachsen von Haaren, mächtigen Krallen und messerscharfen Zähnen zu spüren. Aber es geschah nichts von alledem.
Was war los? Was hatte sich so plötzlich verändert? Etwas stimmte ganz und gar nicht. Er hob das Hemd wieder auf, holte die Brille aus der Brusttasche und setzte sie auf. Der Blick zum Mond gab ihm die bittere Gewissheit.
»Verdammte Kurzsichtigkeit. Warum trage ich auch die Brille nicht ständig?«
Er hatte den Vollmond um eine Nacht verpasst. Jetzt musste er weitere vier Wochen warten. Aber dann würde er ganz gewiss die Stadt terrorisieren.
(c) 2022, Marco Wittler
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